Seit dem Frühjahr 2022 unterstützt der Landschaftspflegeverein das Projekt "Ökologisierung Forschungszentrum Seibersdorf" auf den Grünflächen des Austrian Institute of Technology GmbH Seibersdorf. Das Forschungszentrum, das in den 1950er Jahren errichtet wurde, stellte rund 8,6 Hektar seiner Grünflächen auf ökologische Pflege um. Ziel des Projektes ist, biologisch wertvolle Natur-Trittsteine zu schaffen und die Entwicklung der Artenvielfalt vor Ort zu dokumentieren. Gleichzeitig werden nach den ersten Jahren der Umstellung Kosten bei der Pflege gespart. Das Projekt erstreckt sich über drei Jahre und ist ein wichtiger Teil unserer Netzwerk Natur Region.
Im Jahr 2022 wurden die Flächen erstmals nicht mehr so häufig gemäht und eine umfassende Bestandsaufnahme der vorkommenden Pflanzenarten gestartet. Die Mahd wurde je nach Wüchsigkeit der jeweiligen Teilfläche auf ein- bis zweimal pro Jahr reduziert. Das Entfernen des Mähguts ist dabei von entscheidender Bedeutung ist. Die liegen bleibende Mulchschicht fördert ansonsten das Wachstum der Gräser, während bunte Kräuter verloren gehen. Wichtige offene Bodenstellen für die Keimung von Samen und die Entwicklung vieler Tierarten fehlen in Folge. Diese Umstellung zeigte rasche Erfolge: Typische Trockenrasen-Arten wie Karthäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum), Bartgras (Bothriochloa ischaemum), Feld-Mannstreu (Eryngnium campestre) und viele weitere Pflanzen konnten wachsen und ein reiches Nahrungsangebot für Insekten wie Schachbrettfalter (Melanargia galathea) und Sechsfleck-Widderchen (Zygaena filipendulae) bieten.
Bei jeder der drei bis vier Mal jährlich stattfindenden Begehungen werden die Erfolge der Grünflächenökologisierung dokumentiert und die Artenliste erweitert (Weitere Infos gibt es hier: April 2022, Juni 2022, Mai 2023)
Beim heutigen Einsatz stand eine Wieseneinsaat mit regionalem heimischen Wildblumensaatgut auf dem Programm. Sie soll die Artenvielfalt und den Blütenreichtum der Wiesenflächen erhöhen. Sieben Biolog:innen des Landschaftspflegevereins machten sich frühmorgens mit fünf verschiedenen Saatgutmischungen, Rasenwalzen und Rechen auf den Weg zum Forschungszentrum. Als Vorbereitung waren im Vorfeld die Flächen mittels Umkehrfräse gefräst worden (Fa. Kreitl), um offenen Boden für die Einsaat zu schaffen. Mit dem Rechen wurden noch grobe Pflanzenreste und Wurzelfilz entfernt.
Die Einsaat erfolgte durch das händische Austreuen eigens zusammengestellter Saatgutmischungen, die speziell an die jeweiligen Standortbedingungen der Flächen angepasst sind. Der richtige Zeitpunkt für die Einsaat ist entscheidend für eine erfolgreiche Keimung. Gerade im pannonischen, trockenen Osten ist die Einsaat von Wildblumensamen nur von Herbst bis maximal Spätwinter sinnvoll, da viele Arten die Herbst- und Winterfeuchtigkeit zur Keimung nutzen oder sogar Frost zur Keimung benötigen. Nachdem der Ansaat, wurden die Samen sofort mithilfe von Rasenwalzen gleichmäßig eingedrückt, um sie vor dem Verwehen durch den Wind zu schützen und einen guten Bodenkontakt für die Keimung zu garantieren. Weiters wurden auch Rasengittersteine auf den Parkplätzen mit Saatgut versehen. Insgesamt dauerte die Einsaat der insgesamt fast 9.000 Quadratmeter Einsaatfläche einen gesamten Arbeitstag. Vielen Dank an Philipp Käfinger vom AIT Seibersdorf, dass wir uns zu mittag in der Kantine stärken durften!
Wir freuen uns schon darauf, die Entwicklung der Naturwiesen weiter zu beobachten – dabei handelt es sich allerdings um einen Prozess, der mehrere Jahre dauern wird!
Wir danken Philipp Käfinger vom AIT Seibersdorf sehr herzlich für sein großartiges Engagement zur Ökologisierung der Grünflächen im Forschungszentrum Seibersdorf, sein großes Interesse an den vielen wichtigen fachlichen Details, die Organisation vieler notwendiger Rahmenbedingungen wie z.B. der richtig durchgeführten Mahd sowie der Vorbereitung der Flächen für die Einsaat und die tolle Zusammenarbeit!
Mit der Umstellung der Grünflächen-Pflege für die biologische Vielfalt ist das AIT Seibersdorf Teil unserer Netzwerk Natur Region Thermenlinie-Wiener Becken. Unter diesem Namen baut der Landschaftspflegeverein seit 2017 ein Netzwerk an Menschen aus der Region auf, um gemeinsam ein Netzwerk an Naturflächen vor unserer Haustür zu erhalten.
Alexandra Herrmann, Praktikantin des Landschaftspflegevereins