Exkursion Lainzer Tiergarten

Liegendes Totholz
Prakitkant:innen bei Führung
Alte Eichen
Gruppenfoto
Anschauungsmaterial
Hohenauer Teich
Abendsonne
Freistehende Eichen
Praktikant:innen bei der Führung
Steinzeitliche Zeugnisse
Radiolarit-Hügel
Praktikant:innen gehen durch den Wald

Bevor sich das Jahr zu Ende neigt, bekamen unsere Praktikantinnen noch die Gelegenheit, ein besonderes Naturjuwel der Großstadt Wien kennenzulernen. 

Der Lainzer Tiergarten, ein bedeutendes Natur- und Europaschutzgebiet, hat eine herausragende Artenvielfalt und ist die Heimat vieler gefährdeter Tier-, Pilz- und Pflanzenarten. Besonders schützenswert sind die bis zu 500 Jahre alten Eichen sowie das zahlreiche stehende und liegende Totholz – ein wertvoller Lebensraum. Im Rahmen einer Exkursion mit dem Ökologen Alex Mrkvicka (Forst- und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien), der das Gebiet seit 32 Jahren betreut, bekam unser Team Einblicke in diesen einzigartigen Naturraum. Der Lainzer Tiergarten ist ein Vorbild für Naturschutz und das Management von Schutzgebieten. Er zeigt, wie Lebensräume erhalten und nachhaltig gemanagt werden können, um Natur und Artenvielfalt für die Zukunft zu bewahren und die Wälder resilienter gegen den raschen Klimawandel zu machen.

Der Lainzer Tiergarten steht seit 1941 unter Naturschutz und war bis 1918 ein beliebtes Jagdgebiet der Habsburger. Um das Wild auf dem Gelände zu halten, wurde im Jahr 1718 eine 21 Kilometer lange Mauer errichtet. Während der NS-Zeit wurde der Lainzer Tiergarten von Hermann Göring, dem damaligen Reichsforstmeister, als Jagdgebiet genutzt. Die Erklärung zum Naturschutzgebiet im Jahr 1941 diente vermutlich auch seinem persönlichen Interesse an der Erhaltung der Jagdgründe. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Stadt Wien die Verwaltung des Gebiets, das heute ein einzigartiges Naturschutzgebiet, aber auch ein beliebtes Erholungsgebiet der Wiener Bevölkerung ist.

Nach der ausführlichen Einführung zum Lainzer Tiergarten, zu den Zielen der Schutzverordnungen und den Herausforderungen in einem vielbesuchten Naturgebiet besuchten wir als ersten Punkt die Wildrinderweide. Dort erzählte uns Alex viel Interessantes über die (gar nicht klimaschädliche) extensive Beweidung, über Dungkäfer und ihre Funktionen für das Ökosystem sowie über die Ergebnisse der zwei LE-Projekte: die Erhebung der Dungkäfer- und Dungpilzvielfalt sowie den Biodiversitätsvergleich „Extensive Weide :: Magere Flachland-Mähwiese" (FFH 6510). Dabei konnte gezeigt werden, dass die Vielfalt von Pflanzen, Schnecken, Heuschrecken und Zikaden auf der Weide deutlich größer ist als auf der Mähwiese.

Ein weiteres Thema war die Umstellung des Wildtiermanagements mit starker Reduktion des Schalenwildes ab 2015 und die daraus deutlich sichtbaren Erfolge bei der vielfältigen Naturverjüngung der Wälder und dem Zustand der Wiesen.

Auf dem weiteren Weg konnten wir bis zu 500 Jahre alte, mächtige Eichen sowie starkes stehendes und liegendes Totholz sehen. Von gezielten Maßnahmen, wie dem Stehen- und Liegenlassen von Totholz profitieren bedrohte Arten wie der Große Eichenbock (Cerambyx cerdo), der Hirschkäfer (Lucanus cervus) und der Alpenbock (Rosalia alpina). So galt zum Beispiel der Alpenbock vor 30 Jahren in Wien als nahezu ausgestorben, heute findet sich im Lainzer Tiergarten einer der größten Bestände Mitteleuropas. Das Totholz, vor allem große Stämme und Äste, spielt dabei eine zentrale Rolle. Es dient nicht nur als Lebensraum für Insekten und Pilze wie den Leberreischling (Fistulina hepatica), sondern auch als Wasserspeicher und Schutz gegen Waldbrände. Darüber hinaus stabilisiert es den Boden, bildet beim Abbau durch Pilze Humus, speichert Kohlenstoff und trägt wesentlich zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität bei.

Auffällig war, dass im geschlossenen Wald kaum Jung-Eichen zu sehen waren, während sie auf den Wiesen zahlreich aufkommen. Das liegt am Licht- und Wärmebedürfnis der jungen Eichen. Der heutige hohe Eichenanteil ist historisch durch große Weidetiere, die sonnige Lücken im Wald offenhielten, oder durch gezielte Pflege der Wälder durch den Menschen entstanden.

Dass der Lainzer Tiergarten nicht „unberührte Natur“, sondern eine jahrtausendealte Kulturlandschaft ist, konnten wir bei unserem letzten Exkursionspunkt erfahren. An über 20 Stellen treten im Lainzer Tiergarten „Feuersteine“ (Radiolarit) als Hügel oder Klippen zutage. Diese Vorkommen wurden schon in der Jungsteinzeit abgebaut und zur Werkzeugherstellung benutzt. Dazu wurde das Gestein abgebaut, nach Verwendbarkeit sortiert, anschließend in einem nahe gelegenen Bach angefeuchtet und mit Werkzeugen aus Hartholz oder Hirschhorn messerscharfe Stücke abgeschlagen. An einer Stelle konnten wir tatsächlich selbst den zurückgelassenen, jahrtausendealten Abfall der Werkzeugproduktion in Form von scharfen Abschlägen und Steinkernen sehen.

Alex Mrkvicka, Landschaftspflegeverein