Halb-Trockenrasen Oberwaltersdorf

Natur-Oase in Oberwaltersdorf

Inmitten der landwirtschaftlichen Ackerflächen zwischen Oberwaltersdorf und Ebreichsdorf liegen zwei Naturinseln mit großer Vielfalt. Es handelt sich um Halb-Trockenrasen, das sind sehr artenreiche Lebensräume mit einer Vielzahl an bunten Pflanzen und spannenden Tieren. Einer dieser Halb-Trockenrasen gehört zur Gemeinde Oberwaltersdorf, der andere gehört zu Ebreichsdorf. Sie sind aber nur durch einen kleinen Gehölzgürtel voneinander getrennt.

Im Zuge von Grundstückstransaktionen beim Bau der nahe gelegenen Autobahn kamen die Flächen in den 1990er Jahren in das Eigentum der Stadt Wien. Da die Flächen seither nur sporadisch aus jagdlichem Interesse vom Jagdpächter gemäht wurden, waren sie bereits stark verfilzt und verbuscht.

Der Oberwaltersdorfer Halb-Trockenrasen ist die Heimat zahlreicher seltener Pflanzen und Tiere wie Steppen-Salbei, Feld-Mannstreu oder dem auffallenden Federgras. Insekten fühlen sich auf der blütenreichen Fläche wohl, weil von Frühling bis in den Herbst blühende Kräuter Nahrung bieten. Nicht selten sind Bläulinge, Segelfalter oder Frühlings-Mistkäfer zu finden. Sogar einige Schneckenarten leben hier, was aufgrund der trockenen Bedingungen nicht unbedingt zu vermuten ist. Für spezialisierte Arten wie Wiener Schnirkelschnecke, Östliche Heideschnecke oder Wulstige Kornschnecke sind Hitze und Trockenheit kein Problem, weil sie sich entweder im Boden eingraben oder auf höheren Pflanzen vom Wind kühlen lassen. Von der sehr seltenen Gestreifte Heideschnecke, einer Art die in den Eiszeiten auf Steppenrasen häufig war und heute nur mehr an wenigen Stellen in Ostösterreich lebt, wurden Leerschalen gefunden. Lebend kann sie nur durch genaue Suche bei starkem Regen und am besten in der Nacht gefunden werden. Ein schöner Pflanzenfund ist der Purpurblaue Steinsame, der gerne im Halbschatten von Eichen wächst und mit Ausläufern wunderschöne blau blühende Teppiche macht.

In Kooperation mit dem Forstbetrieb der Stadt Wien und unter Beteiligung zahlreicher Freiwilliger sowie der Berg- und Naturwacht Thermenregion-Ost, mähen wir seit 2018 jährlich abwechselnd die Hälfte der Fläche. Auch von den Rändern einwachsende Büsche werden zurückgedrängt, um das sukzessive Zuwachsen der Flächen zu verhindern. Die Ergebnisse der Maßnahmen sprechen für sich, die Fläche ist mittlerweile deutlich offener und blütenreicher!

Das Mähgut wird anschließend zum Abtransport durch den Forstbetrieb zusammengerecht. Es wird gleich ganz in der Nähe verwendet, um Jungbäume in den durch das Eschentriebsterben sehr licht gewordenen Wäldern zu mulchen und damit in trockenen Sommern mehr Feuchtigkeit im Boden zu halten.

Fakten
Ansicht
Blick über den Oberwaltersdorfer Halb-Trockenrasen.

Impressionen

Frühlings-Misthäfer (Trypocopris vernalis)

Frühlings-Mistkäfer

Wer öfter in der Natur unterwegs ist, hat bestimmt schon einen Frühlings-Misthäfer (Trypocopris vernalis) gesehen. Die auffällig schwarz-blau schillernden Käfer sind eine Art "biologische Müllabfuhr", sie nutzen Tierkot als Futtervorrat für ihre Nachkommen. Sie graben den Kot - bevorzugt von großen Pflanzenfressern wie Rind oder Pferd - portionsweise im Boden ein und legen jeweils ein Ei dazu. Die Larven entwickeln sich im Boden. Durch das Vergraben sorgen Mistkäfer nicht nur dafür, daß sich Weidetiere nicht so leicht mit Parasiten wie Bandwürmern anstecken können, sie bringen damit auch viel Kohlenstoff in den Boden und verbessern die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens. Bei Starkregen kann durch die Käfergänge im Boden bis zu 85% mehr Wasser versickern, als in einem kurz gemähten Rasen - das ist besonders bei kurzen Starkregen im Sommer wichtig, wo sonst das Wasser oberflächlich abrinnt und für Pflanzen nicht nutzbar ist. Außerdem sind die großen Käfer eine wichtige Nahrung für Zugvögel wie Wiedehopf oder Blauracke, die im Frühling sonst kaum große Insekten finden.

Purpurblauer Steinsame

Der Purpurblaue Steinsame (Buglossoides purpurocaerulea) ist ein Farbkünstler, seine Knospen sind purpurfarben, die offenen Blüten sind tiefblau. Die Samen sind rein weiß, hart wie Stein und sitzen wie kleine Perlen an den Stängeln. Zum Keimen brauchen sie eine Kälteperiode im Winter. Neben der Verbreitung durch Samen kann sich der Purpurblaue Steinsame auch mit Ausläufern vermehren. Deshalb wächst er oft in großen Gruppen.

Der Purpurblaue Steinsame (Buglossoides purpurocaerulea)